2. Platz 110/ 120 Punkten – vorzüglich bestanden
Manchmal ist es beim Retriever-Training wie beim Fußball: „Och nee, das hat er doch ganz genau gesehen, der Sack.“, rief unser Richter Jens Affeld voll bei der Sache.
„Der Sack“ war mein Hund und wir waren angetreten beim inoffiziellen Workingtest (WT)
„First-Step-Cup“ bei Groß Köris im schönen Brandenburg. Es war der WT für die Beginner, für die, die noch nie bei einem offiziellen WT waren und nun sehen konnten, wo sie in punkto Ausbildung so stehen mit ihrem Hund.
Viel sehen konnte ich gerade nicht von meinem Hund als er beim Apport am Wasser entlang erst um eine Kurve schoss, natürlich am Dummy vorbei, und im nächsten Moment den Hügel hoch rannte, hin zum Helfer. Das Tempo gefiel mir. Gefilmt wären es spektakuläre Bilder geworden. Ich starrte ins Gelände, völlig gespannt, wie ich gleich reagieren würde. Immerhin hatte ich mich mit meiner Pfeife bereits sortiert und sie einsatzbereit. Ich musste jetzt vom Fan zur Mitspielerin werden. Gedanklich ging ich die Optionen durch – Sitzpfiff vielleicht, erstmal Ruhe reinbringen … Zu spät, der Hund war schon oben und hinterm Hügel verschwunden. Außerdem fand ich Action gerade besser als Ruhe.
Also: strenger Kommpfiff. Zuhören klappte immerhin. Der Hund raste den Hügel wieder runter, genau auf die Markierung zu, und noch bevor ich den Kleine-Suche-Pfiff geben konnte, hatte „der Sack“ gepickt, gebracht und sauber in die Hand abgegeben. Ich möchte jubeln und die Arme hochreißen wie ein Fan. Weiß gar nicht, ob das erlaubt ist …
Ob er das Dummy vorher bereits gesehen hatte, bleibt sein Geheimnis. Vorstellbar wäre es. Immerhin durfte er nicht ins Wasser, musste an der Uferkante entlang arbeiten. Schon möglich, dass er vor lauter Aufregung ob des verlockend glitzernden Wassers erstmal rennen musste. Und dabei hatten wir noch Glück, dass ein Vorgängerhund die schwimmenden Enten bereits zuverlässig aus dem Wasser verjagt hatte. So mancher Hund war nass nach dieser Aufgabe. Die zweite Markierung fiel dann leicht hinter den Hügel. Yippie, Hund war begeistert. Ein paar Punkte hat sein unerwünschter Ausflug allerdings gekostet. Bei dieser Aufgabe gab es die meisten Nullen.
Eine der nächsten Aufgaben war das Arbeiten einer Markierung aus veränderter Position. Auch hier gab es insgesamt viele Nullen. Erst fiel eine einfache Markierung in den Wald, die gleich gearbeitet werden sollte. Anschließend fiel eine zweite in die Nähe der ersten Markierung. Danach Fuß laufen mit dem Richter und die zweite Markierung aus eben veränderter Position holen lassen. Ich bin eigentlich kein Fan von Sicherheitspfiffen oder überhaupt von zu vielen Pfiffen. Auch Schiedsrichter beim Fußball lassen’s manchmal einfach weiterlaufen, um den Spielfluss nicht zu stören. Bei der Markierung aus veränderter Position entschied ich mich aber doch für den Kleine-Suche-Pfiff, damit er bloß nicht drüber rennt. Wäre er diesmal nicht. Eijei Punkt weg.
Besser Abzug als vielleicht Null und nicht bestanden, wird mancher jetzt vielleicht denken.
Ja, aber wenn ich öfter mal auf Risiko gehe, lerne ich auch meinen Hund besser zu lesen. Anfangs war mir das gar nicht so bewusst. Kommt er nahe ans Ziel, nimmt nicht die Nase runter und wedelt nicht mit der Rute, kann ich ziemlich sicher sein, dass er weiterlaufen wird. Als Anfänger muss man sich dafür erst sensibilisieren, geht ja alles recht schnell.
Vor unserer letzten Aufgabe mit Geländeübergang von der Wiese in den Wald gab mir unsere Vorgängerin noch den Hinweis, der Hund würde keinen Wind vom Dummy kriegen. Ich dachte mir: „Na ja, kann man wohl nichts machen. Vielleicht ist ja Wind, wenn wir dran sind.“ Es war kein Wind. Er rannte am Dummy vorbei, merkte es zwar schnell, aber hätte ich doch kleine Suche gepfiffen – zur Sicherheit.
Überhaupt ist der Kleine-Suche-Pfiff ein sehr wichtiger Pfiff, den man regelmäßig üben sollte mit dem Hund, auch wenn er über das Anfängerstadium hinaus gekommen ist. Der Pfiff wurde bei einer der Aufgaben auch prompt gezielt gefordert.
Eine Aufgabe hat uns besonders gut gefallen. Es war ein bisschen was von der Begleithundeprüfung (BHP) darin. Die haben wir bereits gemacht und auch bestanden. Ist sowas wie unsere „Kernkompetenz“ – Fuß laufen im Tempo der Richterin, Hund alleine sitzen lassen, ranrufen, zusammen umdrehen … dazwischen Dummies holen lassen. Super Aufgabe Doris.
Insgesamt war es ein sehr schöner Tag mit Sonnenschein und einem super Gelände. Wir und die Hunde konnten Erfahrungen sammeln. Und das ist ja das Wichtigste. Dummysport lebt von Erfahrung.
Eine wichtige Erfahrung für uns war die Aufgabe mit einem kleinen Treiben im Suchengebiet, bei dem am Ende aber nichts flog. Der Hund sollte sich anschließend mit dem Hundeführer (HF) umdrehen, eine Markierung wurde geworfen, die sich der Hund merken sollte. Wieder umdrehen und den Hund ins Suchengebiet schicken. Da nach dem Treiben nichts flog, starrte mein Hund die Helferin gespannt an und überhörte mein „Fuß“. Ich war also gedreht, er starrte immer noch zur Helferin. Ulrike, ich danke dir, dass du den Hund so professionell ignoriert hast. Sonst wäre er vielleicht noch losgerannt. So konnte ich die Aufgabe durch Wiederholung des Kommandos „Fuß“ retten. Einige Hunde verließen das Suchengebiet und rannten gleich zur Markierung. Hier war Vertrauen gefragt. Wie ich finde eines der langwierigsten Arbeitsfelder in der Dummyarbeit.
Danke Astrid für diese lehrreiche Aufgabe.



Am Ende der sechs Aufgaben erreichten wir mit 110 von 120 möglichen Punkten einen vorzüglichen 2. Platz. Ein gelungener Saisonauftakt. Wir haben uns riesig gefreut.
Herzlichen Glückwunsch und liebe Grüße an das Gewinner-Team Theresa mit Frieda, die sich mit 111 Punkten die Trophäe erarbeiteten. Und auch Glückwunsch an das Team Frederike mit Blue, die mit 101 Punkten einen sehr guten dritten Platz erreichten.
Ein besonderer Dank geht an die Sonderleiterin Jana Richter, die für knapp 30 TeilnehmerInnen alles perfekt organisiert hatte. Über das Dummy mit der Aufschrift: „Training – Bitte liegen lassen!“ freue ich mich jedes Mal.
Herzlichen Dank auch an die RichterInnen an diesem Tag Astrid, Doris und Jens, die uns mit Geduld und guter Laune diesen schönen Tag ermöglicht haben. Und natürlich auch danke an alle Helferinnen und Helfer. Lothar, Susanne, Thomas, Ulrike – danke für eure Zeit, ihr wart toll!
Im Grunde muss man allen gratulieren, die teilgenommen haben. Alle haben Zeit fürs Training investiert und waren bereit, sich den Aufgaben an diesem Tag zu stellen. Auch das ist eine gute Leistung und man kann sich freuen. Für die Hunde ist das schön und wichtig.
So haben wir irgendwie doch alle gewonnen.
Und auch wenn manches an diesem Tag vielleicht nicht geklappt hat und man diesmal nicht bestehen konnte – Dummysport ist eben manchmal doch wie Fußball. Nach einem verlorenen Spiel heißt es: aufstehen, abputzen, weitermachen …
Dieser WT war sozusagen unser Testspiel. Jetzt sehen wir uns wieder bei der Qualifikation, bei unserem ersten offiziellen WT. Wir sind gespannt …
Text: Katja Pietzsch
Fotos: Jana Hildebrandt